LESBOS

Donnerstag Morgen….ausschlafen in Athen, Blog schreiben, alles zusammenpacken und im Hotel an der Rezeption Gepäck bereitstellen für die Weiterfahrt am späteren Nachmittag.
Wir verbringen noch ein paar Stunden in Athen, besuchen den Stadtpark. Der einzige Ort in Athen, wo es so etwas wie einen richtigen Wald gibt. Aber ausser der merkwürdigen Truppe unten auf den Bildern, einem Schildkrötenmännchen welches sich in Kletterübungen auf einer Schildkrötin versucht und  ziemlich vorlauten Papageien, gibts hier nicht viel zu sehen. Wir legen uns kurz ins Gras um zu schlafen. Anja unglücklicherweise unter einen Ast auf dem eine Taube sitzt….

Gegen Abend gehts dann los zum Hafen von Piräus von wo die Fähre nach Lesbos um 20:00 Uhr ablegt. Wir haben ein paar Leckereien und eine Flasche Wein zum Abendessen eingekauft und geniessen diese bei einem wunderschönen Sonnenuntergang an Deck.

Nach 12 Stunden Fahrt kommen wir in Lesbos an, essen nahe beim Hafen an einer kleinen Bucht die Reste vom Vorabend zum Frühstück und wollen dann wieder losfahren.

Da streikt jedoch die Batterie der BMW. Mist, ich hatte schon vorher das Gefühl, dass der Anlasser sich nicht anhört wie sonst. Aber da ich weiss, dass die Gute gerne mal ne Batterie „frisst“ habe ich eine kleine Starterbatterie mit im Gepäck und kann die Kiste damit wieder anlassen. Wir fahren in die Hafenstadt Mytilini rein. Da stehen zwei Polizisten auf Motorrädern. Die fragen wir, wo wir eine Batterie kaufen können. Direkt erhalten wir Begleitschutz und zwar wohin? Zu einem KTM Händler.
Dieser erbarmt sich uns BMW Fahrern und besorgt uns zu einem fairen Preis umgehend eine neue Batterie.

Zwischenzeitlich hatten wir uns via Whats up mit Fabian Bracher vom „One Happy Family Community Center“ (OHF) verabredet. OHF wurde durch eine Initiative von Michael Räbers Team „Schwizerchrüz“ gestartet und wird von Fabian Bracher koordiniert. Das Gemeinschaftszentrum befindet sich in Mythilini, nahe des Camps Moria, in dem sich derzeit knapp 6000 Flüchtende befinden. Konzipiert wurde das Camp ursprünglich für knapp 2000 Menschen und ist gemäss Aussagen der Leute vor Ort stark überlastet.
Das OHF versteht sich als Gemeinschaftszentrum für die Campbewohner von Moria, das MIT den Menschen anstatt FÜR die Menschen verschiedenster Nationen und Kulturen betrieben wird. OHF hat das Grundstück für ihr Zentrum vom griechischen Staat gemietet. Zusammen mit einer anderen Organisation werden dort von den geflüchteten Menschen diverse Aktivitäten gestaltet und angeboten, die ihnen zu einer sinnvollen Tagesstruktur verhelfen sollen. So gibt es zum Beispiel eine Leihbibliothek in einem ausgebauten Bus, eine Cafébar und es wird täglich gekocht. Die komplette Inneneinrichtung und auch der Aussenbereich sind wunderbar farbig und liebevoll gestaltet und es gibt immer etwas Neues zu entdecken.
Fabian und sein Team von Volunteers nimmt sich die Zeit uns alles zu erklären und ihre vielfältigen Projekte vorzustellen. Daneben haben wir auch die Gelegenheit mit einigen Menschen die im Moria Camp untergebracht sind zu reden. Gespräche, aus denen viel Verzweiflung und Trauer über ihre jeweilige Situation heraus zu spüren sind, aber ebenso die Hoffnung auf ein besseres Leben.
OHF steht momentan vor der Herausforderung, das Zentrum vor dem bevorstehenden Winter gegen Kälte und Wind zu isolieren. Und so entscheiden wir uns, 1500 Euro aus unserer Spendensammlung für den Einkauf von zwei Heizeinheiten, die dringend benötigt werden, zu spenden. Danke One Happy Family für euren unermüdlichen Einsatz!
https://ohf-lesvos.org/de/uber-uns/

Nach diesem ereignisreichen Tag fahren wir zu unserer gebuchten Unterkunft, einem Ferienappartement in Anaxios, einem kleinen Dörfchen neben dem Fischerstädtchen Petras. Dort lassen wir die Erlebnisse bei einem Sundowner direkt am Strand Revue passieren und geniessen danach ein leckeres Abendessen.

Am nächsten Tag geht es gestärkt nach einem üppigen Frühstück zur unserer nächsten Mission. Wir sind verabredet mit Guilia, der Koordinatorin von Refugee Rescue Organisation. Refugee Rescue ist eine britische nicht politische NGO (Non Government Organisation) die seit dem Jahr 2015 auf Lesbos mit ihrem Rettungsboot und ihrer Rettungscrew tätig ist. Die Organisation ist stationiert in Skala Sikamineas, knappe 45 Minuten von unserer Unterkunft entfernt.
Skala Sikamineas ist ein sehr pittoreskes, winziges Fischerdörfchen ganz im Norden der Insel Lesbos, von wo aus die Distanzen zur türkischen Küste zum Teil nur sehr wenige Kilometer betragen.
Vor unserem Treffen mit Guilia machen wir erst einen kleinen Rundgang durch das malerische Dörfchen, wandern ein wenig am Strand entlang und nehmen dann ein Bad im Meer, das nach unserem Geschmack auch grade die ideale Wassertemperatur hat.

 

In einem Café direkt am Hafen haben wir uns verabredet und wir lernen in Guilia eine sehr sympathische und dynamische junge Frau kennen, die aus Italien stammt, Krankenschwester ist, die eine Rettungsschwimmerbefähigung hat und seit fast drei Monaten für Refugee Rescue arbeitet. Sie scheint ziemlich unter Strom zu stehen und ist auch während unserem Treffen sehr viel mit Whats up Nachrichten beschäftigt, dem scheinbar für alle Hilfsorganisationen üblichen Austauschmedium. Guilia erklärt uns, dass sie insgesamt 13 Volunteers haben, die unterschiedlich tätig sind. Ein Teil des Teams bildet die Rettungscrew für das organistionseigene Rettungsboot „Mo Chara“ – irisch für „mein Freund“. Der andere Teil des Teams macht die „Spotter“ aus: Von einem Platz an der Küstenstrasse überschauen sie 24 Stunden lang, tags und nachts die komplette Meeresenge bis zur türkischen Küste. Um diese kontinuierliche Überwachung zu gewährleisten sind sie ausgestattet mit Fernglas, Fernrohr und Nachtsichtgerät. Die Volunteers arbeiten in unterschiedlichen Schichten, in denen Tag- und Nachtschichten abgewechselt werden. In der Nacht werden Schlaf- und Wachphasen abgewechselt und es ist eine extrem anspruchsvolle, körperlich und psychisch fordernde Aufgabe. Wird ein Boot mit Flüchtenden von der türkischen Küste gespottet, setzen sie sich erst mit der griechischen Küstenwache in Kontakt um die offizielle Erlaubnis zu erhalten, ihnen mit ihrem Boot entgegen zu kommen bzw. die Flüchtenden bei ihrer Ankunft in Empfang zu nehmen. Refugee Rescue hat die Aufgabe, den Flüchtenden Landehilfe in den felsigen Küstengewässern und eine aller erste Nothilfe zu leisten. Sie versorgen sie mit Trinkwasser zu und Decken, nehmen eine erste Zählung von den Personen vor und veranlassen dann ihren Transport in ein temporäres Camp, von dem aus sie dann nach dem ersten formellen Prozess auf die anderen beiden Lager auf Lesbos verteilt werden.
Die Herausforderungen für Refugee Rescue in diesem Prozess sind vielfältig: als nicht staatliche Organisation den behördlichen und gesetzlichen Auflagen zu entsprechen, die Schwierigkeit Fischerboote von Flüchtlingsbooten zu unterscheiden und schnell genug agieren zu können, traumatisierte Menschen in Empfang zu nehmen, die sich bei ihrer Ankunft an Land oft in einer Paniksituation befinden und / oder verletzt sind, usw. usw.
Der Prozess ist zu komplex und zu umfangreich um an dieser Stelle alles beschreiben zu können. Nur noch einige Bemerkungen:
Die Zahl der Flüchtlingsboote ist in den Monaten Juli und August erneut deutlich gestiegen im Verhältnis zu den vorausgegangenen Monaten. Ein Grossteil der Flüchtenden sind Frauen und alleinreisende Minderjährige.

Die griechische Bevölkerung auf Lesbos geht unserer Meinung nach sehr verantwortungsvoll mit dieser für sie sehr schwierigen Situation um. Wir empfinden sie als ungebrochen gastfreundlich.

Was wir in unseren Engagements schon so oft beobachtet haben bestätigt sich auch wieder in diesen beiden Organisationen: Es sind die jungen Menschen die sich engagieren und tatkräftig ihre Zeit und ihr Geld einsetzen. Also keine Rede von der untätigen Jugend.

Der Unterhalt des Rettungsbootes stellt für die Organisation eine finanzielle Herausforderung dar. Nachdem die Motoren ersetzt werden mussten fehlt zum Beispiel Geld um die Nachtscheinwerfer zu ersetzen. Wir freuen uns daher, dass wir auch Refugee Rescue 1500 Euro zu Verfügung stellen können für den Ersatz ihres defekten Bootsequipments.

Danke Refugee Rescue für euren tollen unermüdlichen Einsatz!
http://www.refugeerescue.co.uk

 

 

Im Anschluss an den Besuch bei Refugee Rescue schauten wir uns auf Hinweis von Guilia noch den Life Jacket Graveyard an. Ein eindrücklicher Platz der keinen weiteren Kommentar braucht. https://terramica.org/2016/10/24/life-jacket-graveyard/

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Diesen wiederum sehr ereignisreichen und für uns sehr bewegenden Tag schliessen wir ab mit einer atemberaubenden Aussicht auf die ägäische Küstenlandschaft von der Burg Mythymna.
avrío- bis bald!

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